Prüfung abgeschlossen: Ministerium richtet keine Ombudsstelle für Schülervertretungen ein

“Das Hamburger Modell einer Ombudsstelle für Schüler- und Elternvertretungen ist kein Referenzmodell für Nordrhein-Westfalen.”

Am 13. August 2021 habe ich in einer Petition an den Landtag Nordrhein-Westfalen darum gebeten, “einen Ombudsmann bzw. eine Ombudsfrau für Schülervertretungen nach dem Vorbild der Freien und Hansestadt Hamburg einzusetzen oder durch die Landesregierung einsetzen zu lassen”.

Am 28. April 2022 teilte mir der Präsident des Landtags mit: “[…] Der Petitionsausschuss begrüßt es, dass sich die Landesregierung (MSB) mit dieser Thematik beschäftigt und die Möglichkeiten der Einführung einer Ombudsstelle prüft. Der Ausgang der Prüfung bleibt abzuwarten.”

Mehr als drei Jahre später hat die Landesregierung die Prüfung (ich bin geneigt zu sagen: endlich) abgeschlossen. Dies geht aus der Antwort des Ministeriums für Schule und Bildung (vom 28. Oktober 2025) auf eine Kleine Anfrage der Abgeordneten Franziska Müller-Rech (FDP) hervor (Drucksache 18/16240). Aus der Antwort lässt sich schließen, dass das Ministerium für Schule und Bildung keine Ombudsstelle für Schülervertretungen einrichten wird.

Die Fragen von Müller-Rech und die Antworten der Landesregierung sind im Anhang unten im Wortlaut dokumentiert.

Ich verzichte einstweilen auf einen Kommentar und diverse kritische Fragen und erinnere “nur” daran, was ich in meiner Petition geschrieben habe:

Die Probleme, mit denen Schülervertretungen in NRW konfrontiert sind, sind aller Wahrscheinlichkeit nach dieselben wie in Hamburg. Allein die Anhörung von Sachverständigen im Ausschuss für Schule und Bildung des Landtags NRW vom 24.11.2020 lieferte dazu einige deutliche Hinweise (siehe Ausschussprotokoll 17/1227).

Sophie Halley von der Landesschülervertretung NRW sagte unter anderem:

Ernst genommen zu werden, ist überhaupt eine unglaublich wichtige Sache. Leider ist das, egal auf welcher Ebene man gerade aktiv ist, nicht unbedingt der Fall. […]

Natürlich mangelt es in Sachen “Verfahrensweise”. Man könnte das Ganze durch Aufklärung oder Information sehr viel angenehmer und besser gestalten. Das passiert aber einfach nicht. Die Aufklärung findet in dem Sinne nicht statt. Die Einladungen werden uns teilweise erst dann gegeben, wenn wir bemerken: Wir haben da keinen Unterricht, weil mein Klassenlehrer bei der Schulkonferenz ist. Komisch! Warum bin ich nicht dort? — Dann fragt man nach. Das ist leider Gottes relativ normal.

Jutta Löchner, damals Vorsitzende der Landeselternschaft der Gymnasien in NRW, sagte zum Beispiel:

Ich habe es erlebt — das entnehme ich auch jetzt als Vorsitzende immer wieder dem, was an uns herangetragen wird –, dass in Schulkonferenzen Tagesordnungen aufgerufen werden, die nicht abgesprochen sind. Vorher werden auch keine Papiere an die Eltern herausgegeben, sodass sie Nachfragen stellen könnten. Die Schüler bekommen meistens noch viel weniger mit. Die Lehrer haben sich aber abgesprochen. […]
Natürlich ist Demokratie auch für Schulleitung anstrengend. Demokratie ist immer anstrengend. Wir sitzen jetzt auch hier und wenden dafür extra Zeit auf. Aber wenn wir sagen, dass wir in einem solchen System und in einer solchen Gesellschaft leben wollen, ist das notwendig — vor allen Dingen auch in Bezug auf die Schüler. Die Schüler fand ich in dem System “Schulkonferenz” teilweise noch viel schlechter behandelt als uns. Da muss also ganz viel getan werden. […]

Im Schulgesetz steht bereits eine ganze Menge drin. Wenn man das ordentlich umsetzt, ist es auch schon durchaus gut. […] Wenn man die Demokratie, dieses Ernst-Nehmen, entsprechend lebt, kann das gut funktionieren. […] An dieser Stelle muss ich mir natürlich die Frage stellen: Warum funktioniert das so häufig nicht? Das betrifft natürlich nicht alle 5.500 — oder wie hoch die Zahl jetzt tatsächlich ist — Schulen, die wir haben. Aber es funktioniert häufiger nicht.[…]
Aber wer kontrolliert oder schaut eigentlich, dass diese Zusammenarbeit zwischen Eltern, Lehrern, Schülern und Schulleitung gut funktioniert? Und was tut man, wenn das überhaupt nicht läuft? Erst einmal müssen die Eltern und auch die Schüler ja merken, dass eine Verkürzung ihrer Rechte erfolgt. Häufig bekommen sie das, wie gesagt, aufgrund von Unwissenheit gar nicht mit. Dann muss man aber natürlich auch immer mal wieder jemanden ins System hineinbringen, der schaut, ob das auch gut läuft — und vor allen Dingen dann, wenn es ein Signal gibt, dass es nicht gut läuft.

Ja, warum funktioniert das so häufig nicht? Da muss also ganz viel getan werden.



Anhang
Aus der Drucksache 18/16240, Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Franziska Müller-Rech (die Zählweise der Landesregierung (x,1,2,3,5) habe ich korrigiert):

1. Wurde die angekündigte Prüfung zur Einführung einer Ombudsstelle für Schüler- und Elternvertretungen inzwischen abgeschlossen?

Ja.

2. Falls die Prüfung noch nicht abgeschlossen ist: Wann ist mit einem Abschluss zu rechnen?

Es wird auf Frage 1 verwiesen.

3. Welche konkreten Ergebnisse liegen der Landesregierung aus der Prüfung bislang vor?

Das sogenannte „Hamburger Modell“ ist strukturell – Hamburg ist ein Stadtstaat – sowie quantitativ – Hamburg hat rund 220.000 Schülerinnen und Schüler an rund 440 allgemeinbildenden Schulen – nicht ohne Weiteres auf ein Flächenland wie Nordrhein-Westfalen mit über 2 Millionen Schülerinnen und Schülern und rund 5.000 allgemeinbildenden Schulen übertragbar.
Hamburg verfügt mit insgesamt drei Ombudsstellen mit schulischem Bezug über eine Personalstärke von zusammen acht Personen mit dem Fokus auf eine pädagogische Expertise. Nach Auskunft der Ombudsstelle für Schülervertretungen sowie Erziehungs- und Ordnungsmaßnahmen besteht in dem ihr zugewiesenen Kontext in Hamburg vor allem ein Bedarf an Mediation, hingegen weniger an einer Rechtsberatung und fast ausschließlich von Elternseite. Die Mediation erfolge je nach Einzelfall gegebenenfalls unter Hinzuziehung Dritter (zum Beispiel aus dem Bereich Schulpsychologie oder Schulsozialarbeit).

4. Wann hat der angekündigte Austausch mit der Hamburger Ombudsstelle stattgefunden bzw. wann ist er geplant?

Der Austausch hat am 13. Juni 2025 stattgefunden.

5. Welche Schlüsse zieht die Landesregierung aus den bisherigen Erkenntnissen hinsichtlich der Übertragbarkeit des Hamburger Modells auf Nordrhein-Westfalen?

Forderungen nach einer Ombudsstelle für Schüler- und Elternvertretungen sind in den vergangenen Jahren nur in ganz wenigen Fällen gegenüber der Schulaufsicht erhoben worden.
Das Hamburger Modell einer Ombudsstelle für Schüler- und Elternvertretungen ist kein Referenzmodell für Nordrhein-Westfalen.
In Hamburg liegt der Schwerpunkt auf einer Vermittlung in Konfliktfällen, die überwiegend von Eltern in Anspruch genommen wird, während eine rechtliche Beratung kaum nachgefragt wird. Im Detail wird auf die Antwort zu Frage 3 verwiesen.

In Nordrhein-Westfalen wird dieser Bedarf anders gedeckt.
Die Erfahrungen in Nordrhein-Westfalen zeigen, dass in Konfliktfällen bereits in der Schule selbst in geeigneten Formaten eine Streitschlichtung erfolgreich herbeigeführt werden kann. Eltern können sich, soweit die Streitschlichtung an der Schule erfolglos geblieben ist, vertrauensvoll an die zuständige Schulaufsicht – Bezirksregierung und Schulamt – zur Beratung wenden. Die jeweilige angefragte Schulaufsicht versucht dann vermittelnd zwischen den Beteiligten zu einer Lösung zu gelangen. Diese Inanspruchnahme ist für die ratsuchenden Eltern kostenlos.
Darüber hinaus steht den Beteiligten ein rechtsförmliches Verfahren offen.

Die Schülervertretungen in Nordrhein-Westfalen haben jederzeit die Möglichkeit, die jeweiligen Verbindungslehrkräfte der Schule zu kontaktieren. Diese Lehrkräfte sind insbesondere dazu verpflichtet, die Schülervertretung bei der Planung und Durchführung ihrer Aufgaben zu unterstützen. Auch stehen diese Lehrkräfte den Schülervertretungen bei Konfliktsituationen zur Seite.
Sofern Schüler- oder Elternvertretungen für ihre Tätigkeit im Sinne der Schulmitwirkung darüber hinaus Unterstützung benötigen, steht ihnen des Weiteren das seit dem vergangenen Jahr eingerichtete digitale Portal „ElternMitWirkung“ zur Verfügung. Dessen Angebote werden in diesem Jahr sowie in den kommenden Jahren weiter ausgebaut.

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