Was Jesper Juul Schulleitern zum Umgang mit “schwierigen” Kindern vorschlägt
“Mit den acht Prozent, die nicht gekommen sind, möchten wir uns nach den Ferien gern unterhalten, denn nur von euch können wir lernen, wie wir die Schule besser machen können.”
Jesper Juul, Familientherapeut aus Dänemark (1948 – 2019), schreibt in seinem Buch “Schulinfarkt. Was wir tun können, damit es Kindern, Eltern und Lehrern besser geht” (Kösel-Verlag, 2013, S. 60ff):
Vor einigen Jahren war ich zu einem Vortrag in Österreich eingeladen, um vor einer Gruppe von Schulleitern über „schwierige“ Kinder zu sprechen; in Österreich ist auch der Ausdruck „ungehorsame“ Kinder noch geläufig.
Als ich ihnen eröffnete, dass ich genau wüsste, was man mit diesen Kindern tun sollte, und dies nur zwei mal vier Minuten pro Jahr in Anspruch nehmen würde, waren natürlich alle sehr neugierig. Also habe ich ihnen vorgeschlagen, dass der Schulleiter alle Kinder vor den Sommer- und Weihnachtsferien zu sich einladen sollte, um ihnen Folgendes mitzuteilen: „Liebe Schülerinnen und Schüler, im vergangenen Schuljahr sind zweiundneunzig Prozent von euch regelmäßig zum Unterricht erschienen. Das freut uns und dafür möchten wir uns bei euch bedanken. Mit den acht Prozent, die nicht gekommen sind, möchten wir uns nach den Ferien gern unterhalten, denn nur von euch können wir lernen, wie wir die Schule besser machen können.“ […]
Die Reaktion der Schulleiter war ernüchternd. Während ich sprach, schien mir der eine oder andere von ihnen eine Träne im Auge zu haben, doch nachdem ich geendet hatte, dauerte es etwa zwanzig Sekunden, bis mir eine Welle des Protests entgegenschlug. Alle waren sich einig darin, dass dieser Vorschlag absolut sinnlos sei, da den Lehrern ja ohnehin kein Respekt entgegengebracht würde.
Leider wird diese Abwehrhaltung von den Politikern bestärkt, die vor allem auf neue Regeln, engere Grenzen und härtere Sanktionen zu setzen scheinen. Doch irgendwie muss dieser gordische Knoten des wechselseitigen Misstrauens doch einmal zerschlagen werden, und vielleicht sollte man damit beginnen, den Schülern mehr Anerkennung zukommen zu lassen und sich wirklich für sie zu interessieren.
Gibt es Schulleiter oder Schulleiterinnen in Nordrhein-Westfalen oder irgendwo in Deutschland, die mit Jesper Juuls Vorschlag etwas anfangen können oder ihn sogar schon einmal umgesetzt haben oder umsetzen wollen?
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PS
Wer wissen will, wie man in Bergheim mit dem Sanierungsbedarf der städtischen Schulen umgeht, der lese auf meinem Bergheimer Blog “Stadt Bergheim antwortet nicht auf Fragen zum Renovierungs- und Sanierungsbedarf von Schulen” und “CDU, SPD, FDP und Grüne wollen nicht wissen, welche Schäden es an welcher Bergheimer Schule gibt”.