Schule bedeutete ursprünglich “Muße, Ruhe”

In “Der große Duden. Etymologie” (Dudenverlag, 1963) heißt es unter dem Stichwort “Schule”:

Das Subst. mhd. schuole[e], ahd. scuola […] wurde im Bereich des Klosterwesens aus lat. schola “Muße, Ruhe; wissenschaftl. Beschäftigung während der Mußestunden; Unterrichtsstätte, Unterricht” entlehnt, das seinerseits LW [Lehnwort] ist aus gleichbed. gr. [griechisch] scholé. Das gr. Subst. gehört im Sinne von “das Innehalten (in der Arbeit)” zum Stamm von gr. échein “haben, halten, besitzen; zurückhalten; einhalten, innehalten usw.”

Das Wort Schule hat also seinen Ursprung im griechischen “scholé”, was “Muße, Ruhe” bedeutet. Die alten Griechen wussten offenbar, dass Lernen und (Persönlichkeits-)Entwicklung freie Zeit, also Muße, brauchen. In heutigen staatlich geregelten Schulen, die man besser Unterrichtsvollzugsanstalten nennen sollte, ist das in Vergessenheit geraten.

Wer’s etwas ausführlicher haben will:

Wer Gedichte mag, für den gibt es “Leisure” (engl. Muße) von William Henry Davies:

Leisure

What is this life if, full of care,
We have no time to stand and stare.

No time to stand beneath the boughs
And stare as long as sheep or cows.

No time to see, when woods we pass,
Where squirrels hide their nuts in grass.

No time to see, in broad daylight,
Streams full of stars, like skies at night.

No time to turn at Beauty’s glance,
And watch her feet, how they can dance.

No time to wait till her mouth can
Enrich that smile her eyes began.

A poor life this if, full of care,
We have no time to stand and stare.



PS
Auf meinem Bergheimer Blog sind kürzlich erschienen: “Partizipation von Kindern und Jugendlichen in Aachen”, “‘Wegen der Rechenzentren sind vor allem zwei Dinge knapp geworden: Platz und Strom'”, “Die Kölner Jugendbefragung von 2018”, “Anregungen für Klimaschutz in Schulen”.

2 Kommentare

  1. Achim Brauer

    Schön, dass Du den Begriff Schule erläuterst. “Muße” gehört m.E. zu den Grundbedürfnissen, die eine Welt des “homo konsumicus” nicht fördern darf, denn sie würde auch Rückbesinnung auf die ursprünglichen Bedürfnisse eines Individuums ermöglichen.
    Die Denker(innen) um Gustav Heinemann forderten neben den Menschenrechten ein Recht auf “Arbeit, Bildung, Muße und solidarische Hilfe in der Not” und waren überzeugt, daß alle “echten Liberalen, Christen und Marxisten” dem ohne Einschränkung zustimmen könnten.
    Neben Schulen waren auch Kindergärten Orte der Muße und Beschäftigung mit der Natur. Diese hat man wegen ihrer Funktion als Brutstätten des geregelten Arbeitslebens richtigerweise zu Kindertagesstätten umbenannt. Kinderwerkstätten wäre noch ehrlicher gewesen. 😉

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    1. Alexander Roentgen (Beitrag Autor)

      Danke für die Ergänzungen! In Michael Endes Roman “Momo” heißen die Kindertagesstätten zutreffend “Kinderdepots”.

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